Chole Mjini: Eine Liebesgeschichte (Teil 2)
Es war einmal – so beginnen alle Märchen, wie auch das von Anne und Jean, die mit Chole Mjini auf Mafia Island einen Lebenstraum verwirklichten. Jean erzählt die wunderbare, berührende Geschichte seiner langen Reise nach Mafia Island. (Lesen Sie Teil 1 hier.)
Eine Dhow und eine Familie
Mittlerweile war unsere Dhow fertig und Anne war im 8. Monat mit unserem ersten Kind Didier schwanger. Sie schaffte es endlich, etwas Auszeit von der Arbeit zu nehmen und nach Chole für den Start unserer Dhow zu kommen. Ich packte ein „Geburts-Kit“, nur für den Fall der Fälle. Auf der Jungfernfahrt schnappte sich Anne das Ruder von allen Bootsbauern (und mir!). Damit war sie die erste, die unsere Dhow segelte.
Ein paar Wochen später wurde Didier auf der Insel Man geboren, auf der Familienfarm, mit seiner Großmutter und Ur-Großmutter an der Seite des Betts (und mir, der das Lachgas benutzte, das die Hebammen eigentlich für Anne mitgebracht hatten, die sie sich jedoch weigerte es zu benutzen).
Wir ließen die Dhow auf Chole und kamen im nächsten Jahr oft dorthin zurück, um Chole Bay und den Rest von Mafia Island, das Rufiji-Flussdelta im Westen, die Inselkette im Süden Richtung Kilwa und die Inseln im Norden zwischen Mafia und Sansibar zu entdecken.
In diesen Tagen lernten wir den Dorfvorsitzenden sowie manche Bootsbauern und Dorfältesten kennen, zu denen wir bald ein enges Vertrauensverhältnis aufbauten. Die vielen Unterhaltungen entwickelten bei Anne das Interesse, die größten Probleme der Dorfgemeinschaft anzugehen, von denen die Dorfältesten und Frauen erzählten: die fehlende Gesundheitsfürsorge speziell für Frauen und Kinder, fehlenden Bildungsmöglichkeiten sowie die Abhängigkeit vieler Menschen von der Ausbeutung der Naturressourcen.
Damals hatte nur eine einzige Person in Chole einen Job, nur ein Junge hatte die Grundschule beendet (6 Schuljahre). Auf der ganzen Insel gab es nur ein einziges Fahrrad und die Geldwirtschaft der Insel betrug weniger als $10.000 pro Jahr. Nur wenige Menschen konnten sich eine Bootsfahrt oder ein Auto zum Krankenhaus leisten, eine Frau durfte nicht einmal die Insel ohne die Erlaubnis ihres Mannes oder ihres Bruders verlassen.
Der Dorfvorsitzende, ein toller Mann, der in einer traditionell polygamen Gesellschaft sein ganzes Leben lang monogam und treu gegenüber seiner Frau blieb, sprach über genau diese Probleme und lies seiner Frustration gegenüber den sozialen Hierarchien in der Gesellschaft freien Lauf, in der junge Menschen armer Familien keine Zukunft hatten und Frauen immer noch als Besitz ihrer Männer galten.
Nach unserer Rückkehr von der Insel Man nach Sansibar lebte ich mich als Hausvater ein, schaute nach unserem Baby, arbeitete an meiner Rückhand (und später auch an meinem Topspin), leitete mein Tauchunternehmen, das langsam wuchs, und gründete die ‘Zansibar Ecotourism Society’ mit tollen Frauen – Len Horlin und Fiona Clark.
Ein bisschen Wein und der Anfang von Chole Mjini
Unser amerikanischer Freund Emerson kam zwei bis dreimal die Woche zum Abendessen vorbei und redete immer wieder mit uns über das ‘Chole Island Hotel Projekt‘, das ohne mich natürlich nicht anfangen könnte. Nach vielen Flaschen Wein haben wir nachhaltigen Tourismus wieder erfunden, da ich immer sagte, dass ein großes Hotelunternehmen Chole zerstören und der Meeresumgebung schaden würde. Emerson sah jedoch genau darin den Grund, weshalb wir ein eigenes, nachhaltiges Hotels entwickeln sollten.
Anne begann sich für die Idee eines gewinnorientierendem Unternehmen als langfristiger und nachhaltiger Partner in der Landesentwicklung zu begeistern. Daher entschlossen wir, das Entwicklungsparadigma zu testen. So wurde das Chole Mjini Conservation and Development Company Ltd geboren. Wir begannen ernsthaft zu planen, wie wir ein Hotel in solch einer wunderschönen Gegend bauen könnten und gleichzeitig die lokale Gemeinschaft stärken sowie wirklich, qualitative Unterstützung bieten könnten.
Während Anne und Emerson unzählige Stunden mit Dorfältesten, Leitern und Frauen über ihre Bedürfnisse und Prioritäten sprachen, begann ich, erste Schritte zur Erreichung unserer gemeinsamen Ziele in die Wege zu leiten, was zur Gründung der Chole Social Development Society und der Chole Economic Development Society führte (und uns unserer erste Spende einbrachte – eine Spende des U.S. Botschafters, mit dem ich auf einen Tauchgang ging). Die Chole Society for Women’s Development und das Chole Mjini Charitable Trust folgten später, angetrieben von unseren Spendern.
Eine zukunftsweisende Entscheidung
In der Zeit, als Anne mit unserem zweiten Kind Maya schwanger war, zog sich die britische Regierung aus Sansibar aus Protest gegen manipulierte Wahlen zurück und wir mussten uns auf der Stelle entscheiden, wie unsere Zukunft aussehen sollte. Zur Auswahl stand, auf die Fijis zu gehen, wo Anne hingeschickt werden sollte, nach Boston zu fliegen, wo ich ein Jobangebot hatte oder nach Chole zu gehen. Emerson stand kurz vor dem Bankrott, da er einen Film drehte und das Sansibar Filmfestival startete und zog sich folglich aus unserem Projekt.
Anne und ich mögen es beide nicht, zu versagen und verabscheuten den Gedanken, unsere Freunde auf Chole zu enttäuschen und den neu gewonnenen Optimismus, den wir generiert hatten, zu zerstören.
Wir hatten schon angefangen, eine Grundschule und eine Klinik zu bauen, allerdings war das Geld für das Hotel „verschwunden“.
Ein Jahr…
Letztendlich entschieden wir uns, für ein Jahr nach Chole zurückzukehren, um zu versuchen, das Projekt zu retten. Zuvor ging Anne jedoch nochmals zurück auf die Insel Man, um dort unser zweites Kind auf die Welt zu bringen und um sich über Hochschulangebote zu informieren, die auf Chole von Nutzen sein könnten. Hätte sie nur damals schon gewusst, wie beschäftigt sie damit sein würde. Ich ging derweil nach Chole und baute mein erstes eigenes Haus und einige Lagerräume für uns, da Anne sich weigerte mit einem Neugeborenen in einem Zelt zu wohnen. In letzter Minute schaffte ich es damals, auf die Insel Man zu gelangen, um die Geburt von Maya mit zu erleben. Sobald wir ihren Pass bekamen, zogen wir gemeinsam nach Chole.
Mayas Patenonkel (mein guter Freund Gray) gab uns eines der ersten Satellitentelefone und sagte mir unter vier Augen auch seine Meinung, dass ich unverantwortlich wäre.
Er war nur einer von vielen Freunden und Familienmitglieder, die dachten wir hätten den Verstand verloren, auf eine Insel ohne Elektrizität, Wasser, Kommunikation, Gesundheitssystem, Läden und die Unterstützung unserer Liebenden zu ziehen.
Jetzt, 18 Jahre später, ist das eine Jahr immer noch nicht vorbei und ein oder zwei der Skeptiker haben ihre Meinung geändert – unsere Kinder sind gesund, erfolgreich, wunderschön und einfach rund um großartig. Bisher hat nur einer so etwas ausgesprochen, aber ich glaube, es gibt noch andere.
Zusammen mit einigen Bootsbauern, einem Zimmermann und einem Steinmetz, den wir anlernten, baute ich die Baumhäuser, die heute unsere Lodge bilden. Währenddessen kümmerte sich Anne um die Gärten, die Dekoration und die Beziehungen in der Gemeinschaft und hatte sich bald den Namen „Mama Chole“ verdient, nachdem wir später euch unsere erste Dhow benannten.
…wurde zu 18 Jahren
Wir hatten das außerordentliche Privileg, die ersten 10 Jahre rund um die Uhr mit unseren Kindern verbringen zu können und in einer Gemeinschaft mit fürsorglichen, liebevollen Menschen zu leben, die unsere Kinder genauso prägte wie uns selbst.
Es ist uns eine große Ehre an einem solch wunderschönen und natürlichen Ort zu wohnen und an unsere adoptierte Gemeinschaft zurückzugeben.
Durch das Glück unserer privilegierten Geburt, unseres weltweiten Netzwerk und der Hilfe von Freunden und Gästen konnten wir den Menschen auf Chole wieder neuen Auftrieb geben. Durch die Unterstützung der Gesundheitsversorgung, Bildung und ökonomischer Erweiterungen, sowie die Erhaltung von Korallenriffs, Mangroven und Walhaien konnten wir ihnen helfen, ihre eigene Zukunft zu gestalten.
Eine wirklich tolle Belohnung für unsere vergangenen 23 Jahre Arbeit in Chole Mjini war es zu sehen, wie die erste Welle von 13 jungen Menschen, darunter drei Mädchen und Jungen der ärmsten Familien Chloe’s, ihren Abschluss an der Universität machten (8 mit Abschluss, 5 mit Diplom) und Arbeit fanden. Das Sahnehäubchen ist, dass ich in den letzten Jahren fast jeden Tag tauchen, segeln, schwimmen oder paddeln gehen konnte und am Abend eine entspannte Dinnerparty mit unglaublich interessanten Gästen genießen konnte.
Es waren ein paar harte Jahrzehnte, aber jemand musste es machen und ich bin froh, dass wir es waren.
Das Chole Mjini ist für den “World Responsible Tourism People’s Choice Award” nominiert – stimmen Sie für das liebevolle Paradies auf der Ostküste Afrikas hier.
Geschrieben von Jean de Villiers, Besitzer des Chole Mjinis.